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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 10.01.2002
Aktenzeichen: 22 W 87/01
Rechtsgebiete: BGB, Codigo Civil Chile
Vorschriften:
BGB § 1931 Abs. 2 | |
Codigo Civil Chile Art. 19 |
Beschluss
22 W 87/01 (6. ZS)
In der Nachlasssache
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die als weitere Beschwerde zu behandelnde Beschwerde der Beteiligten vom 5. November 2001 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts ############ vom 26. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #########, den Richter am Oberlandesgericht ######## und den Richter am Amtsgericht ############## am 10. Januar 2002 beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Wertfestsetzung des Landgerichts im angefochtenen Beschluss wird auf 20.451,68 ? geändert.
Beschwerdewert: 20.451,68 ?.
Gründe:
Die weitere Beschwerde ist unbegründet.
Der angefochtene Beschluss beruht auf keiner Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).
I.
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht angenommen, dass der Erblasser im Wege gesetzlicher Erbfolge gemäß § 1931 Abs. 2 BGB allein von seiner Ehefrau ####### ###### beerbt worden ist, wie im Erbschein des Amtsgerichts ######### vom 9. Mai 1963 zu ########## ausgewiesen (Bl. 125 Bd. I d. A.). Denn nach dieser Vorschrift erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft, wenn weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden sind.
1. Gemäß Artikel 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach dem Erblasser dem deutschen Recht, da der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes die deutsche Staatsangehörigkeit besaß.
2. Der Erblasser hinterließ keine Verwandten der ersten oder zweiten Ordnung und keine Großeltern.
3. Seine Witwe ############ ist 'überlebender Ehegatte' i. S. des § 1931 Abs. 2 BGB.
a) Eine Scheidung oder Aufhebung der rechtsgültig geschlossenen Ehe zwischen dem Erblasser und ############ liegt nicht vor.
Zwar enthält die vom Nachlassgericht eingeholte Übersetzung der chilenischen Gerichtsentscheidung vom 14. Januar 1956 der allgemein beeidigten Dolmetscherin ############# (Bl. 159 f. Bd. I d. A.) die Erklärung, das die 'Scheidung der Eheleute ... #######' 'durch Verschulden des' Erblassers gerichtlich 'verfügt' und 'die eheliche Gemeinschaft ... aufgehoben' wird. Doch ergibt sich aus der Ablichtung der spanischen Urschrift (Bl. 161 f. Bd. I d. A.), dass es sich um eine 'divorcio perpetuo' handelte, durch die nach chilenischem Recht gemäß Art. 19 des Ehegesetzes (deutsche Übersetzung bei Bergmann-Ferid, Internationales Ehe und Kindschaftsrecht) die Ehe nicht aufgelöst, sondern 'nur die eheliche Gemeinschaft der Eheleute' aufgehoben wird und bei der zu Lebzeiten der Ehegatten eine Wiederheirat ausgeschlossen ist.
b) Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die 'divorcio perpetuo' einer Scheidung nach deutschem Recht nicht gleichwertig ist und das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten nach deutschem Recht nicht entfallen lässt.
Der Sinn und Zweck des gesetzlichen Erbrechts aus § 1931 BGB, der entsprechend dem Wesen der ehelichen Lebensgemeinschaft darin besteht, die wirtschaftliche Existenz des überlebenden Ehegatten entsprechend dem bisherigen Lebenszuschnitt der Eheleute zu sichern (Palandt-Edenhofer, BGB, 61. Aufl., § 1931 Rn. 1), erfordert es nicht, das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatte schon dann entfallen zu lassen, wenn eine rechtliche Trennung der Eheleute unter Aufrechterhaltung des ehelichen Bandes erfolgt ist. Denn auch das deutsche Recht lässt dieses Erbrecht nicht allein dann entfallen, wenn Eheleute persönlich und wirtschaftlich getrennt leben.
Vielmehr hat das Landgericht zutreffend eine Gleichwertigkeit der chilenischen 'divorcio perpetuo' mit der Scheidung nach deutschem Recht wegen des Verbots der Wiederheirat und deswegen verneint, weil gemäß Art. 994 des chilenischen Zivilgesetzbuches (Originaltext und deutsche Übersetzung des Art. 994 'Codigo Civil' bei Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht) der gerichtlich getrennte Ehegatte keinen Anteil an der gesetzlichen Erbschaft 'nach seinem verstorbenen Ehegatten' hat, 'wenn er durch seine Schuld Grund zur Trennung gegeben hat', also ansonsten sein Erbrecht behält.
Dieser Unterschied rechtfertigt es, den Fortbestand des gesetzlichen Erbrechts der Witwe ########### zu bejahen, nachdem die chilenische Gerichtsentscheidung vom 14. Januar 1956 nur das Verschulden des Erblassers festgestellt hat. Denn auch dem deutschen Recht war bei Eintritt des Erbfalls eine solche Unterscheidung nicht unbekannt. Gemäß § 1933 BGB in der 1960 geltenden Fassung (vgl. Palandt BGB, 20. Aufl.) war das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn der Erblasser zurzeit seines Todes auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben hatte, sofern im Falle der Scheidung oder Aufhebung der Ehegatte als schuldig anzusehen wäre. Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten, der im Falle der Scheidung oder Aufhebung nicht als schuldig anzusehen wäre, war also nicht ausgeschlossen.
c) Dem steht die von der weiteren Beschwerde zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHZ 47, S. 324 ff nicht entgegen, da sie sich nicht mit der Wirkung der chilenischen 'divorcio perpetuo' auf das deutsche Erbrecht, sondern damit befasst, dass unter den Begriff der Scheidung im Sinne des Artikel 17 EGBGB auch die in ausländischen Rechten vorgesehene Trennung ohne Auflösung des Ehebandes fällt und deutsche Gerichte auf Trennung unter Aufrechterhaltung des Ehebandes erkennen können, wenn diese nach dem maßgebenden ausländischen Recht zulässig ist und nach den deutschen Gesetzen die Scheidung der Ehe dem Bande nach zulässig wäre (BGHZ 47, Seite 324). Die Befugnis deutscher Gerichte, Ausländer nach deren Recht mit Wirkungen zu scheiden, die hinter der Ehescheidung nach deutschem Recht zurückbleiben, gibt nichts dafür her, einer solchen Scheidung dieselben erbrechtlichen Wirkungen nach deutschem Recht beizulegen wie einer deutschen Scheidung. Denn während der Richterspruch aufgrund des ausländischen Rechts in seinen Wirkungen hinter der deutschen Scheidung, die zum Verlust des Erbrechts als Ehegatte führt, zurückbleibt, geht es hier darum, ob die ausländische Scheidung trotz ihrer schwächeren Wirkungen den Verlust des deutschen Erbrechts ebenso bewirkt wie die deutsche Ehescheidung. Dieses ist eben wegen dieser schwächeren Wirkungen, wie bereits ausgeführt, zu verneinen.
II.
Es war rechtsfehlerfrei, die Beschwerde zurückzuweisen, ohne eine Entscheidung der Senatsverwaltung des Landes Berlin über die Anerkennung der chilenischen Gerichtsentscheidung vom 14. Januar 1956 abzuwarten. Zwar entfaltet eine ausländische Entscheidung, die unter Art. 7 § 1 Abs. 1 Satz 1 FamRÄndG fällt, im Inland
bis zur positiven Entscheidung der Landesjustizverwaltung über die Anerkennungsfähigkeit keine Wirksamkeit und ist daher insoweit unbeachtlich (BGH NJW 1983, Seite 514 - 516). Doch auch bei einer Feststellung durch die Justizverwaltung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen, was gemäß Art. 7 §1 Abs. 8 FamRÄndG für die Gerichte bindend wäre, hätte sich am Ergebnis des Erbscheinsverfahrens nichts geändert, da von Nachlass- und Beschwerdegericht selbstständig zu prüfen ist, ob die anerkennungsfähige ausländische Entscheidung einer deutschen Scheidung i. S. des § 1931 Abs. 2 BGB gleichwertig ist, was - es sei nochmals gesagt - vereint werden muss.
III.
Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht. Die Pflicht, die Gerichtskosten zu tragen, folgt aus dem Gesetz. Eine Erstattung von Kosten war nicht anzuordnen, weil kein in entgegengesetztem Sinne Beteiligter sich am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt hat. Der Beschwerdewert wurde gemäß § 30 Abs. 1 Halbs. 1, § 131 Abs. 2 KostO auf 20.451,68 ? (= 40.000 DM [= 20 % von 300.000 DM abzüglich 1/3] dividiert durch 1,95583 DM pro Euro) festgesetzt.
Der Nachlasswert war aufgrund der entsprechenden Angabe im Erbscheinsantrag (Bl. 7 Bd. I d. A.) mit 300.000 DM anzunehmen.
Das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten zu 1 war nach ihrem Erbscheinsantrag auf 20 % des Nachlasswertes gerichtet. Dieser Wert war wegen der eingeschränkten Funktion des Erbscheins (nur Legitimationswirkung) um ein weiteres Drittel zu mindern. Dementsprechend war auch die Festsetzung durch das Landgericht im angefochtenen Beschluss für den Wert der Beschwerde von Amts wegen zu ändern.
Ende der Entscheidung
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